Bekanntmachung des Innenministeriums über Hinweise (Nummer 36) zum Bundesdatenschutzgesetz für die private Wirtschaft vom 13.01.98

Az.: 2-0552.1/12. Die Veröffentlichung erfolgt im Anschluß an die Hinweise Nr. 35 im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 3 vom 27. Januar 1997, Seite 8.

  1. Verbraucherbefragungen für Direktmarketingzwecke
  2. Zusammenarbeit zwischen Ärzten und privaten Verrechnungsstellen
  3. Übertragung von Kundendaten bei einer Geschäfts-, Firmen- oder Praxisübergabe
  4. Verwendung von Kundendaten gesetzlich krankenversicherter Personen für Werbezwecke durch Apotheken
  5. Telefondatenerfassung bei eingehenden Privatgesprächen durch den Arbeitgeber

1. Verbraucherbefragungen für Direktmarketingzwecke

Bei Firmen, die direkt adressierte Werbung versenden, nimmt die Nachfrage nach qualifizierten Adressen ständig zu, mit denen potentielle Verbraucher möglichst zielgenau beworben werden können. Deshalb werden in Deutschland durch Adreßhandelsunternehmen und andere Unternehmen zunehmend große Verbraucherbefragungen durchgeführt, bei denen detailliert nach bestimmten Lebensumständen und Lebensgewohnheiten wie beispielsweise Familiensituation, Gesundheit, Einkommen und Vermögen, Wohnverhältnissen, Schulbildung, beruflicher Tätigkeit, Kauf- und Konsumverhalten, Interessen, Freizeitaktivitäten sowie Urlaubs- und Reisegewohnheiten gefragt wird. Für die Erhebung solcher personenbezogener Daten und die Verarbeitung sowie die Nutzung dieser Daten für Zwecke der Werbung sind aus datenschutzrechtlicher Sicht vor allem folgende Anforderungen zu stellen:

1.1

Die Erhebung ist nur zulässig, wenn dabei der Grundsatz von Treu und Glauben beachtet und nicht gegen andere Rechtsvorschriften verstoßen wird (§ 28 Abs. 1 Satz 2 und § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG).

Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich die Pflicht, die Adressaten klar und verständlich darüber zu informieren,

  • welches Unternehmen die Befragung durchführt (mit Name und Anschrift),
  • welchen Unternehmen und sonstigen Organisationen oder Art von Unternehmen und Organisationen die Daten übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden sollen und
  • für welche Zwecke die Angaben verwendet werden sollen,

soweit dies n icht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. dazu Gola/Wronka, RDV 1994, S. 157, 163). Dies gilt besonders dann, wenn die Befragung von einem Unternehmen durchgeführt wird, zu dem die Adressaten bisher in keiner Kundenbeziehung stehen und dessen Geschäftszwecke ihnen daher nicht oder nur unzureichend bekannt sind.

Da Befragungsaktionen in der Vergangenheit vorwiegend für Zwecke der Markt - und Meinungsforschung durchgeführt und die Daten dabei anonymisiert verwendet worden sind, müssend die Adressaten bei Verbraucherbefragungen insbesondere darüber informiert werden, daß ihre Angaben darüber hinaus personenbezogen für die Zusendung direkt adressierter Werbung durch Unternehmen und Organisationen genutzt werden sollen.

Es darf auch nicht der Eindruck erweckt werden, als handele es sich um amtliche Befragungen mit Teilnahmezwang (z. B. Volksbefragung), vielmehr muß klargestellt werden, daß es sich um Befragungen durch private Firmen für wirtschaftliche Zwecke handelt und die Teilnahme daran freiwillig ist.

Auf rechtmäßige Weise werden Daten nur erhoben, wenn dabei nicht gegen andere Rechtsvorschriften beispielsweise gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften - verstoßen wird. Nach § 1 und § 3 UWG ist es beispielsweise unzulässig, wenn eine Firma sich Daten für Werbezwecke unter Vorspiegelung einer anonymen Marktumfrage verschafft bzw. Adressaten darüber irreführt, daß ihre Daten nicht nur zur Marktforschung nach statistischen Grundsätzen, sondern auch zu Werbezwecken verwendet werden sollen (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auflage, § 1 UWG Rdnr. 29; Beschluß des OLG Frankfurt vom 10.04.1989 in der Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) 1989 S. 845; Urteil des Kammergerichts vom 23.11.1971 in GRUR 1972 S. 192).

1.2

Die personenbezogene Speicherung, Übermittlung oder Nutzung sensibler Daten ist generell geeignet, schutzwürdige Belange der Befragten zu beeinträchtigen. Das gleiche gilt, wenn sich aus der Gesamtheit der erfragten Lebensumstände, Fähigkeiten, Neigungen, Einstellungen und Konsumgewohnheiten ein relativ detailliertes Gesamtbild der Persönlichkeit der Befragten im Sinne eines Persönlichkeitsprofils erstellen läßt. In diesen Fällen ist § 29 BDSG keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Speicherung, Übermittlung und Nutzung der Daten, diese sind vielmehr nur auf der Grundlage einer Einwilligung der Betroffenen zulässig.

Die Einwilligung bedarf regelmäßig der Schriftform und ist im äußeren Erscheinungsbild des Fragebogens hervorzuheben (§ 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BDSG).

Die Einwilligungserklärung ist so zu gestalten, daß sie konkreten Personen zugeordnet werden kann.

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Einwilligung ist, daß die Adressaten bei der Einholung der Einwilligung klar und verständlich darüber informiert werden, welches Unternehmen die Befragung durchführt, welchen Unternehmen und sonstigen Organisationen oder Art von Unternehmen und Organisationen oder Art von Unternehmen und Organisationen die Daten übermittelt oder zur Nutzung zur Verfügung gestellt und für welche Zwecke die Daten verwendet werden sollen (sog. informierte Einwilligung).

Von Ehepartnern, Partner, Kindern im einsichtsfähigen Alter (d.h. regelmäßig ab Vollendung des 14 Lebensjahres) und sonstigen Haushaltsangehörigen, zu denen Angaben über persönliche Lebensumstände und -gewohnheiten erhoben werden, muß eine gesonderte Einwilligung eingeholt werden.

1.3

Daten, bei deren Erhebung die Anforderungen der Nr. 1.1 nicht eingehalten worden sind oder bei denen in den Fällen der Nr. 1.2 die erforderliche Einwilligung nicht rechtswirksam eingeholt worden ist, dürfen nicht personenbezogen, sondern allenfalls anonymisiert gespeichert, übermittelt oder genutzt werden; Daten über den Personenbezug müssen gelöscht werden (§ 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG).

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2. Zusammenarbeit zwischen Ärzten und privaten Verrechnungsstellen

Zahlreiche Ärzte sind dazu übergegangen, ärztliche Leistungen gegenüber ihren Patienten nicht mehr selbst abzurechnen, sondern damit eine private Verrechnungsstelle zu beauftragen. Bei Zahnärzten kommt häufig hinzu, daß sie ihre Honorarforderungen bereits zu Beginn der Behandlung der Verrechnungsstelle zum Kauf anbieten. Wenn die Honorarforderung in diesem Fall einen gewissen Schwellenwert übersteigt, prüft die Verrechnungsstelle vor dem Ankauf die Bonität des Patienten. In diesem Zusammenhang wird bei einer Kreditschutzorganisation oder Auskunftei eine Auskunft über den Patienten eingeholt.

Grundsätzlich steht nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.07.1991 (NJW 1991 S. 2955) fest, daß der Arzt ein ihm anvertrautes Patientengeheimnis offenbart, wenn Patientendaten den Bereich seiner Praxis verlasse. Die Datenübermittlung an die Verrechnungsstelle ist daher nur zulässig, wenn der Patient ausdrücklich seine Einwilligung dazu erklärt hat. Dies gilt nicht nur für die Übermittlung der ärztlichen Diagnose und der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, sondern bereits für die Offenbarung der Tatsache, daß sich der Patient in die Behandlung eines bestimmtes Arztes begeben hat. Daher handelt es sich bereits um die Offenbarung eines Patientengeheimnisses, wenn sich ein Zahnarzt zu Beginn der Behandlung mit der Anfrage an die Verrechnungsstelle wendet, ob Bereitschaft zum Ankauf der Honorarforderung besteht.

Eine wirksame Patienteneinwilligung setzt voraus, daß in der Praxis insbesondere folgende Gesichtspunkte beachtet werden:

2.1

Verrechnungsstellen dürfen Patientendaten nur dann speichern und weiterverarbeiten, wenn sie die Daten rechtmäßig erhalten haben. Dies setzt voraus, daß die mit ihnen zusammenarbeitenden Ärzte den Verrechnungsstellen die Daten von Patienten nur übermitteln, wenn zuvor eine schriftliche Einwilligung der Patienten eingeholt worden ist. Die Verrechnungsstelle ist daher im Hinblick auf ihre eigene Datenverarbeitungsbefugnis und damit in Wahrnehmung ihrer eigenen Verantwortung verpflichtet, sicherzustellen, daß die notwendige Einwilligung der Patienten von den Ärzten auch tatsächlich eingeholt wird. Hinweise der Verrechnungsstellen an die Ärzte auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs notwendige Einholung der Einwilligung der Patienten sind in diesem Zusammenhang wichtig und nützlich, reichen jedoch allein nicht aus. Die Verrechnungsstelle darf sich nicht darauf beschränken, die Ärzte nur über ihre eigenen Rechtspflichten aufzuklären, sondern muß darüber hinaus verbindlich sicherstellen, daß die Einwilligung eingeholt wird. Es ist deshalb notwendig, daß sich die Ärzte gegenüber der Verrechnungsstelle förmlich d. h. in der Regel vertraglich, verpflichten, dieses Erfordernis strikt einzuhalten.

2.2

Wenn die Einwilligung des Patienten in die Datenübermittlung an die Verrechnungsstelle eingeholt wird, ist der Patient gegebenenfalls auch darüber aufzuklären, daß seine Bonität (Zahlungsfähigkeit) von der Verrechnungsstelle überprüft und in diesem Rahmen eine Auskunft bei einer Kreditschutzorganisation/Auskunftei eingeholt wird. Wenn der Patient im Rahmen der Einwilligungserklärung nur darüber unterrichtet wird, daß sich der Arzt von Verwaltungstätigkeiten entlasten will und zu diesem Zweck die Berechnung der Honorarforderung und den Einzug des Honorars einer Verrechnungsstelle überträgt, geht er davon aus, daß seine Daten der Verrechnungsstelle nur zu Abrechnungszwecken überlassen werden. Bei einer solchen eingeschränkten Information kann der Patient nicht erkennen, daß seine Daten - zumindest Name und Anschrift sowie die Tatsache, daß er sich in ärztliche Behandlung begeben hat, - auch gegenüber einer Kreditschutzorganisation/Auskunftei im Rahmen der Einholung einer Auskunft offenbart werden. Da nur eine informierte Einwilligung, bei welcher der Patient über alle wesentlichen Gesichtspunkte aufgeklärt wird, datenschutzrechtlich wirksam ist, muß deshalb ggf. auch auf die Bonitätsprüfung und die Einholung der Auskunft hingewiesen werden.

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3. Übertragung von Kundendaten bei einer Geschäfts-, Firmen- oder Praxisübergabe

Zur Übertragung von Kundendaten an einen Geschäfts- oder Praxisnachfolger hatte sich die Aufsichtsbehörde bereits im Hinweis Nr. 26 (vom 22.12.1986) geäußert. Die damaligen Ausführungen zur Weitergabe der Praxiskartei eines Arztes an einen Praxisnachfolger sind später von der Rechtsprechung bestätigt worden. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.12.1991 (NJW 1992 S. 737) steht endgültig fest, daß ärztliche Unterlagen nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Patienten einem Praxisnachfolger übergeben werden dürfen. Mit der Situation bei Ärzten vergleichbar sind die Verhältnisse bei den in § 203 des Strafgesetzbuchs ("Berufsgeheimnis") genannten "anderen Angehörigen eines Heilberufs mit staatlich geregelter Ausbildung". Hierzu zählen beispielsweise Krankenschwestern (-pfleger), Krankengymnasten, Masseure und Logopäden.

Zur Weitergabe von Geschäfts- und Firmendaten hatte die Aufsichtsbehörde darauf hingewiesen, daß bei besonders sensiblen Daten eine Einwilligung eingeholt müsse. In den übrigen Fällen sei der Übergang der Dateien transparent zu machen, da nicht ausgeschlossen werden könne, daß dadurch schutzwürdige Belange von Betroffenen beeinträchtigt werden. Dabei müsse die Veräußerung den Kunden in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht werden, verbunden mit einem Hinweis darauf, daß sie der Übermittlung ihrer Daten widersprechen können. Zu der letztgenannten Fallgruppe vertritt die Aufsichtsbehörde heute eine differenziertere Auffassung. Zwar kann die damalige Haltung als Empfehlung durchaus weiter aufrechterhalten werden. Datenschutzrechtlich zwingend geboten erscheint die Unterrichtung des Kunden jedoch in den meisten Fällen nicht, wenn es sich um bloße Angaben über einen Kauf, eine Lieferung oder die Abwicklung einer Dienstleistung handelt.

In besonders gelagerten Fällen sind bei der Weitergabe der Kundendatenbestände die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen bei der weiteren Verwendung der Daten angemessen zu berücksichtigen. Ein solcher besonders gelagerter Fall liegt beispielsweise bei Optikern, Sanitätshäusern und anderen Betrieben vor, die Daten über gesundheitliche Verhältnisse ihrer Kunden verarbeiten, ohne daß sie wie Ärzte einer besonderen Schweigepflicht unterliegen. So wird beispielsweise in der Kundenkartei des Optikers festgehalten, an welcher Fehlsichtigkeit der Kunde leidet. Diesem Gesichtspunkt muß bei der Weitergabe der Daten an einen Betriebsnachfolger oder einen anderen interessierten Betrieb Rechnung getragen werden.

Für den Beispielsfall des Optikers bedeutet dies:

  • Bei der Frage, ob der Übernehmer die übernommenen Kundendatenbestände für Werbeaktionen nutzen darf, sollte nach folgender Regel verfahren werden.
    • Grunddaten (wie Namen und Anschrift) aus der Kundenkartei dürfen vom Erwerber für eigene Werbezwecke genutzt werden. Selbstverständlich muß der Erwerber berücksichtigen, daß der Betroffene nach § 28 Abs. 3 BDSG jederzeit und ohne Angabe von Gründen der Verwendung seiner Daten für Werbezwecke widersprechen kann.
    • Weitere Daten (insbesondere Angaben über gesundheitliche Verhältnisse) dürfen vom Erwerber nur genutzt (ausgewertet) werden, wenn der Betroffene das Kundenverhältnis fortsetzen will, etwa indem er im Geschäft des Erwerbers erscheint.
  • Nach dem Datenschutzrecht ist es darüber hinaus erforderlich, die betriebliche Organisation so zu gestalten, daß die Anforderungen des Datenschutzes in der Praxis beachtet werden. Denkbar ist beispielsweise, daß übernommene Karten gesondert aufbewahrt und erst dann in die bereits vorhandene eigene Kundenkartei eingeordnet werden, wenn der Betroffene das Kundenverhältnis fortsetzen will. Welche Maßnahmen hierzu im einzelnen zu treffen sind, hängt davon ab, wie der Betrieb organisiert ist. Es liegt in der Verantwortung des Betriebsinhabers, die Betriebsläufe so zu gestalten, daß dem erwähnten Grundsatz in der Praxis Rechnung getragen wird.

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4. Verwendung von Kundendaten gesetzlich krankenversicherter Personen für Werbezwecke durch Apotheken

Apotheken sind seit einiger Zeit verpflichtet, den gesetzlichen Krankenkassen die Abrechnungsdaten in maschinenlesbarer Form zu übermitteln. Damit verarbeiten Apotheken personenbezogene Daten dateimäßig (oder lassen diese durch Dienstleistungsrechenzentren verarbeiten) und fallen daher in den Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes. An der Berechtigung zur Speicherung der für die Abrechnung mit der Krankenkassen notwendigen Daten der Versicherten besteht kein Zweifel (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG). Fraglich ist jedoch, ob es zulässig ist, diese Daten auch nach Abschluß der Abrechnung für andere Zwecke zu verwenden, beispielsweise für eigene Werbezwecke. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG erlaubt die Speicherung oder Nutzung personenbezogener Daten, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der speichernden Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluß der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Es ist allgemein anerkannt, daß speichernde Stellen regelmäßig ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse haben, die rechtmäßig im Rahmen einer Vertrags- oder vertragsähnlichen Beziehung gespeicherten Daten auch für Werbezwecke zu nutzen. Sofern die Betroffenen dieser Nutzung nicht bereits widersprochen haben, wozu sie jederzeit nach § 28 Abs. 3 BDSG berechtigt sind, wird zumeist auch angenommen, daß kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Betroffenen gegen die Nutzung dieser Daten für Werbezwecke spricht.

Ein solcher Regelfall liegt hier jedoch nicht vor. Nimmt ein Betroffener eine kassenärztliche Leistung in Anspruch, so ist er gezwungen, dem Leistungserbringer seine Daten preiszugeben, damit dieser gegenüber der Krankenkasse des Betroffenen abrechnen kann. Zwar könne Privatpatienten in einer vergleichbaren Situation meist ebenfalls nicht anonym bleiben, da sie auch die ärztliche Verordnung vorlegen müssen; doch hat es der Privatpatient selbst in der Hand, durch Barzahlung der Medikamente eine Speicherung seiner Daten zu verhindern. Beim Kassenpatienten werden jedoch zwangsläufig die Daten für die Abrechnung gespeichert, so daß erst dadurch die Möglichkeit geschaffen wird, diese Daten auch für andere Zwecke zu nutzen. Da ein Kassenpatient nicht verhindern kann, daß seine Daten gespeichert werden, vertritt die Aufsichtsbehörde die Auffassung, daß der weiteren Speicherung und Nutzung der für die Abrechnung überlassenen Daten für andere Zwecke - wie z. B. für Werbezwecke der Apotheke - überwiegende schutzwürdige Interesse des Kassenpatienten entgegenstehen.

Für dieses Ergebnis spricht auch die im Sozialgesetzbuch (§ 78 SGB X) vorgesehene enge Zweckbindung beim Empfänger von Sozialdaten. Danach dürfen Personen oder Stellen, die zwar nicht unmittelbar unter die Geheimhaltungspflicht des Sozialgesetzbuches fallen, denen aber berechtigterweise Sozialdaten übermittelt worden sind, diese nur zu dem Zweck verarbeiten oder nutzen, zu dem sie ihnen übermittelt worden sind. Wenn beispielsweise eine Krankenkasse im Rahmen des Zulässigen Daten aus dem Krankenversichertenverhältnis an eine dritte Stelle weitergibt, so darf diese die Daten nicht für Werbezwecke verwenden. Eine solche Zweckbindung ist auch hinsichtlich der Daten, die sich auf der Krankenversichertenkarte befinden, festgeschrieben worden. Danach darf die Krankenversichertenkarte nur für den Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung sowie die Abrechnung mit den Leistungserbringern verwendet werden. Auch wenn diese Vorschrift des Sozialgesetzbuches nicht direkt auf Apotheken anwendbar ist, zeigt sich doch, daß der Gesetzgeber eine enge Zweckbindung dieser Daten sicherstellen wollte. Aus den genannten Gründen hält die Aufsichtsbehörde die Nutzung der ursprünglich für Abrechnungszwecke gespeicherten Kundendaten gesetzlich krankenversicherter Personen für andere Zwecke, insbesondere für Werbezwecke, nur mit Einverständnis der Betroffenen für zulässig.

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5. Telefondatenerfassung bei eingehenden Privatgesprächen durch den Arbeitgeber

Nach dem derzeitigen Stand der Technik wird die Rufnummer des Anrufers an die anrufende Stelle nur dann übermittelt, wenn der Anrufer entweder über einen ISDN-Anschluß verfügt oder wenn sein Telefon einer digitalen Vermittlungsstelle angeschlossen ist. Der Inhaber eines ISDN-Anschlusses kann selbst entscheiden, ob er seine Telefonnummer angerufenen Stellen übermittelt; bei anderen Anschlüssen wird die Rufnummer nur dann übermittelt, wenn der Teilnehmer dies ausdrücklich bei dem Telefondienstleister beantragt hat. Danach können Anrufer weitgehend selbst darüber entscheiden, ob ihre Rufnummer übertragen wird.

Für den Arbeitgeber des Angerufenen ist zumeist nicht ersichtlich, welche eingehenden Gespräche dem geschäftlichen und welche dem privaten Bereich zuzuordnen sind, so daß schon aus diesem Grund die Speicherung einer verkürzten Rufnummer bei eingehenden Privatgesprächen (anders als bei ausgehenden Privatgesprächen) nicht realisierbar ist. Die Speicherung der Rufnummer des Anrufers bei eingehenden Privattelefonen ist zulässig, weil der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, überprüfen zu können, in welchem Umfang seine Mitarbeiter Privatgespräche führen und überwiegende schutzwürdige Interessen des Anrufers oder des angerufenen Mitarbeiters gegen eine solche Speicherung regelmäßig nicht bestehen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG).

Der Betrieb einer Telefonanlage, durch die Rufnummern eingehender und ausgehender Gespräche gespeichert werden, unterliegt allerdings als technische Einrichtung, die geeignet ist, das Verhalten der Beschäftigten zu überwachen, der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes.

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